Das Klassenzimmer mit WOW-Effekt
Pilotprojekt an der Mittelschule Schnaittach
Krasser hätte er nicht sein können, der Unterschied zwischen Raum A und B. Der eine: Pult vorne, Schülertische in Reih und Glied, ein Bild, das jeder von uns kennt. Einzig das Whiteboard versetzt einen in die Neuzeit. Szenen- beziehungsweise Zimmerwechsel. Und ja, da ist er, der Wow-Effekt, von dem später noch die Rede sein wird. Ein moderner Besprechungstisch mit einer Art Barhockern, eine überdimensionale Wabe als Rückzugsort, eine Ecke zum Relaxen – das soll ein Klassenzimmer sein? Ist es – und was für eines.
„Das ist die Zukunft“, waren sich alle einig, die sich an jenem Vormittag in der Aula der Mittelschule Schnaittach getroffen haben.

(hinten, von links) die Landräte Ben Schwarz, Armin Kroder, MdB Ralph Edelhuer und Bürgermeister Frank Pitterlein,
(vorne, von links) Dr. Christian Hilz (Trend interior) und MdL Felix Locke (rechts);
Schulleiterin Christine Arnold erzählte, wie es zu dem Umbau gekommen sei. „Eigentlich ging es um eine Akustikmessung im Altbestand. Was daraus werden würde, konnte keiner ahnen“, meinte sie launig. Keiner – außer vielleicht Joachim Schnabel, der Leiter des Schulamtes im Landkreis Nürnberger Land. Messungen im Schnaittacher Klassenzimmer vor dem Umbau ergaben, dass der Lärmpegel mit dem einer vollen Bahnhofshalle vergleichbar sei. Man müsse kein Wissenschaftler sein, um sich Auswirkungen auf das Lernvermögen und Sozialverhalten auszumalen. Schnabels Schlussfolgerung: Räume müssten den pädagogischen Anforderungen folgen, nicht umgekehrt.
Das Ergebnis von Schnabels Überlegungen, die er dank „herausragender Partner“ in die Tat umsetzen konnte, hat mit Ausnahme von Tischen und Stühlen nichts mehr mit einem „normalen“ Klassenzimmer gemein. Da sind Einzel- und Gruppenarbeitsplätze, Trennwände, Refugien, Monitore, Whiteboards, aber auch 3D-Drucker für „händisches Arbeiten“ – und mit das Beste: Auch die Optik hat das Zeug zum Wow-Effekt.
Vor allem über Decken, Boden und Möbel sei es gelungen, den Lärmpegel (in Soll-Nachhallzeit) von 1,3 auf 0,45 zu senken – und damit sogar den Grenzwert zu unterschreiten, der in skandinavischen Ländern seit vielen Jahren Standardanforderung ist. „Somit tun wir aktiv etwas für die Lehrer- und Schülergesundheit.“
Schnaittachs Bürgermeister Frank Pitterlein strich ergänzend noch die große Zahl an Menschen heraus, die sich gemeinsam für das Projekt eingesetzt haben. „Hier wird Bildung auf einem tollen Level neu gestaltet“, konstatierte er.
„Wir wollten gar nicht mehr raus“, sollten wenig später Schüler der Klasse V1 berichten und damit all das bestätigen, was sich die Ideengeber im Vorfeld überlegt hatten. Sie durften den neuen Raum als Erstes nutzen - zunächst für Mathe und Deutsch, geeignet ist er aber für alle Fächer, wie Rektorin Christine Arnold betont. Ausgemachte Lieblingsplätze gibt es auch schon: Die Arbeitsplätze mit Bistrotisch-Feeling sowie die „grüne Ecke“, die als „green box“ die ideale, weil neutrale Kulisse für Videodrehs bietet – mir nichts dir nichts ist da nämlich ein neuer Hintergrund eingespielt. „Wir sind in Schnaittach, sitzen aber am Meer“, grinst eine Jugendliche. Ganz neue Aussichten – in jeder Hinsicht.
Text (gekürzt) und Fotos: Petra Schoplocher
